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PROF.
UTA RANKE-HEINEMANN
Der Papst, die Kardinäle
und die Frauen. Eine Satire.
Typoskript von Ihrer Rede vom 15.09.2003
beim Dritten Internationalen Pfahlsitzwettbewerb in Frankfurt a.M. |
(1)
Neulich
hat mir der Papst einen Brief geschrieben, und er hat sich auch
bei mir bedankt. Er schrieb: "Dank sei Dir, Frau, daß
Du Frau bist", und zwar in seinem Brief vom 10. Juli 1995.
Natürlich schrieb er das nicht mir persönlich, sondern
in einem Brief an "Euch Frauen der ganzen Welt". Ich empfand
das als das hohlste aller Komplimente, das mir je zuteil wurde.
Der Papst hat damit meine Individualität weggewischt und mein
Frausein zum Massenprodukt erklärt.
Wir
wollen aber dem Papst nicht Unrecht tun, als ob er in seinem Frauenbrief
nicht mehr über die Frau zu sagen hätte als daß
die Frau Frau ist. Er bringt eine ganze Litanei über die Frauen.
Diese beginnt folgendermaßen: "Dank sei dir, Frau als
Mutter". "Dank sei dir, Frau als Braut". Die Ehefrau
fehlt - sie ist zur Desinfektion der Zölibatäre mit einem
päpstlichen Insektizid weggesprayt. Auch der Papst weiß,
daß zwischen Braut und Mutter ein sexueller Akt steht, aber
er macht die Augen tapfer zu, überspringt diese Peinlichkeit
und wendet sich sofort der Mutter zu. Damit hat er aber die Reihenfolge
auf den Kopf gestellt, so als ob er neuerdings die uneheliche Mutterschaft
propagieren wollte, nach dem Motto: erst wird die Frau Mutter, und
dann sieht sie sich nach einem Bräutigam um. Weiter dankt der
Papst "dir, Frau als Tochter und Frau als Schwester".
Hätte er sich mehr Mühe gegeben, hätte er den Frauen
noch auf vielfältige Weise danken können: als Tante, als
Großmutter, als Schwiegermutter als Schwippschwägerin
usw. Und abschließend, wie erwähnt: "Dank sei dir,
Frau, dafür, daß du Frau bist".
Im
Zuge der Gleichstellung hätten die Männer eigentlich Anspruch
auf einen parallelen Papstbrief. Aber der Papst wird sich hüten,
die gleichen Absurditäten, die er an die Frauen schreibt auch
an die Männer zu richten, z.B. an die Kardinäle: "Dank
sei dir Mann, daß du Mann bist", da jeder weiß,
daß infolge der Frauenfeindlichkeit nirgend der Homosexuellenanteil
so hochprozentig ist wie im Vatikan. Entsexualisiert natürlich.
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Uta Ranke-Heinemann
bei Ihrer Rede vor der CHURCH of FEAR an der Hauptwache
Nicht
nur Frauen lauschten ihrem Vortrag zum Thema "Weibliche Angst
im Christentum"
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(2)
Dieses Blatt gehört eigentlich gar nicht hierhin, weil es mehr
zum Weinen als zum Lachen ist, ich lese es Ihnen trotzdem mal vor:
Das katholische Christentum hat, als es in seinem Kern schließlich
nur noch aus einem einzigen Geschlecht bestand und die Kirche monosexuell
strukturiert war, gemäß seinem Sexualpessimismus auch
die Homosexuellen entsexualisiert (soweit das möglich ist)
und sie dann in seiner frauenverachtenden Männergesellschaft
kultiviert und glorifiziert. Mit dem Vatikan als dem Ideal Biotop
für keusche Homosexuelle, als einem frauenlosen Terrarium,
ist ein uralter religiöser Menschheitsirrtum zu seinem krönenden
Abschluß gelangt. Denn seit Heidengedenken sind Menschenopfer
(im Christentum: Kreuzesopfer) und Sexualopfer die beiden bevorzugten
Weisen gewesen, die Gottheit gnädig zu stimmen.
(3)
Neulich
las ich in einer Heiligenbiographie: "Der heilige Don Bosco
war so keusch, er ließ sich nur von seiner Mutter bedienen."
Seitdem sage ich zu meinen beiden Söhnen: "Ihr beiden
habt Anlage zur Heiligkeit, ihr laßt euch nur von eurer Mutter
bedienen".
(4)
Vor
einiger Zeit allerdings hat ein Bischof mir als Frau ein Kompliment
gemacht - ehrlich gesagt: schon vor geraumer Zeit, denn im Moment
halten sich die Bischöfe mit Komplimenten mir gegenüber
etwas zurück. Also, dieser Bischof (aus Essen) schrieb mir:
"Ich freue mich, daß Sie als Frau und Mutter noch geistig
tätig sind."
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(5)
Vor
einiger Zeit kam es in der Tagesschau sogar zu einer frohen Botschaft
für alle Frauen, da erschien der Vorsitzende der deutschen
Bischofskonferenz, damals noch Bischof, jetzt Kardinal Lehmann,
auf der Mattscheibe der ARD Nachrichten 20 Uhr und sagte: "Frauen
sind keine verkümmerten Männer." Über diese
Nachricht war ich natürlich sehr froh, aber ich wußte
im Moment nicht, weil weder mein Mann noch meine Söhne sowas
behauptet hatten, was daran noteworthy war. Es kam mir so vor: ich
stehe auf dem Flughafen und habe alle Hände voll und neben
mir steht zufällig der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz
Lehmann, mit dem ich zusammen studiert habe - übrigens, mit
Kardinal Ratzinger habe ich seinerzeit promoviert - und ich bitte
ihn, mal kurz meine Tasche zu halten. Und hinterher gibt er sie
mir wieder, und ich zähle das Geld nach, und wirklich, es fehlt
nichts, und abends in der Tagesschau, wenn die Hauptnachrichten
kommen, sagt eine Sprecherin: "Bischöfe klauen nicht".
Verstehen Sie, das ist auch so eine nicht noteworthy Nachricht.
Über die ganze Mattscheibe unter Bischof Lehmann lief übrigens
ein Spruchband: "Frauen sind gleichrangig". Das freute
mich natürlich auch.
Allerdings
freute ich mich zu früh. Der Satz: "Frauen sind gleichrangig"
ist nämlich gestrickt nach dem Muster: "Selig sind die
Schläfrigen, denn sie werden bald einnicken." Einnicken
sollte man aber nicht. Denn bei Bischöfen folgt dann unweigerlich
der zweite Satz: "Sie sind nicht gleichartig". Auch dieser
Satz hat zunächst noch nichts Bedrohliches, denn tatsächlich
erfolgt ja z.B. das Kinderkriegen bei Frauen auf eine andere Art
als bei Männern. Aber hellwach wird man, wenn man erfährt,
was sonst noch alles unter "Art" fällt. Unter "Art"
fällt für den Papst und die Bischöfe nämlich
z.B. dies: Es ist die Art der Frau, in der Küche herumzuflitzen,
und es ist die Art des Mannes, auf dem Papst- bzw. Bischofsstuhl
zu sitzen. Der Unterschied liegt also im flitzen oder sitzen. Der
Vorsitzende Bischof Lehmann hat auf den Salzburger Hochschulwochen,
wieder bei dem schläfrigen Thema: "Frauen sind gleichrangig"
mir die Sache klar gemacht. Er sagte: "Frauen sind gleichrangig
im Laienbereich, nicht im Amtsbereich". Also jetzt habe ich
das verstanden: sie sind gleichrangig, bis die Ränge anfangen,
also unterhalb der Ränge. Jetzt verstehe ich das endlich: "Frauen
sind gleichrangig" bedeutet: sie kommen im Rang gleich hinter
den Männern.
(6)
Was
haben wir denn hier, ich sammle ja immer Zeitungsausschnitte: Ach
so, ich sitze morgens und trinke meinen Earl Grey beim Frühstück,
schlage meine Westdeutsche Allgemeine Zeitung auf und lese die dicke
Überschrift: "Vormarsch der Frauen im Bistum". Ich
denke: ich sitze hier beim Frühstück und trinke meinen
Tee und bekomme nichts davon mit? Und dann lese ich: "..der
Anteil der Frauen in den Laiengremien ständig zunimmt..."
Ach so.
(7)
So, hier haben wir das Apostolische Schreiben des Papstes über
dei "Würde der Frau". Von Würde redet man ja
immer dann, wenn den Betroffenen gerade einiges Wichtige abhanden
kommt. Würdiges Sterben. z.B. Und hier geht es darum, daß
die Frauen nicht Priester werden dürfen, aber davon wollte
ich jetzt nicht reden. Ich bat also die deutsche Bischofskonferenz,
mir das Papstschreiben zu schicken. Und ich war ganz gerührt,
daß sie es mir schickten, wo sie sich doch ganz genau vorstellen
können, was ich damit anfange. Na gut. Ich sage Ihnen mal kurz
den Inhalt, es sind nämlich 125 Seiten. Ich dachte, ich muß
Schmerzensgeld beantragen, um das alles zu lesen. Also, kurz der
Inhalte:
1. Teil: Jungfrau Maria
2. Teil: Maria, die Jungfrau
3. Teil: Die Jungfräulichkeit Marias.
Daß
Johannes Paul II. nur dieses Thema im Programm hat, weiß ich,
weil ich jeden Abend Radio Vatikan höre (erst spanisch, dann
portugiesisch). Der Papst ist ja mein theologisches Sandmännchen.
Hier
sehen Sie den Satz - es ist das Exemplar der Deutschen Bischofskonferenz:
"Jungfräulichkeit und Mutterschaft bestehen in ihr zugleich".
Maria ist natürlich gemeint. Immer, wenn man etwas hervorheben
will, auf das es ankommt, dann schreibt man es in einem anderen
Schriftstil, z.B. kursiv. Das Wort "zugleich" ist kursiv
geschrieben. Darauf kommt es also an. Und dann geht der Text weiter,
daß alle Frauen das nachmachen sollen mit Marias Hilfe. Wie
das möglich ist, darüber sinne ich immer noch nach und
habe noch keine Antwort gefunden. Ich fuhr sogar eigens ins Werdener
Priesterseminar, um zu sehen, ob im lateinischen Text des Papstes
dieses "zugleich" auch kursiv geschrieben ist, oder ob
das die deutschen Bischöfe gemacht haben. Aber wirklich, im
Lateinischen war es auch kursiv, d.h. betont.
So, langsam nähern wir uns dem Ende des Papstschreibens über
die Würde der Frau. Hier sehen Sie die Unterschrift des Papstes.
Anders als bei Bischöfen, die vor oder nach ihrem Namen ein
Kreuz machen, so daß man denkt, sie seien vor oder nach der
Unterschrift verstorben, ist das hier anders. Gegen Ende des Schreibens
schreibt der Papst: "Die Kirche sagt Dank für alle Frauen".
Also, deutlicher kann man es doch gar nicht machen: Hier die Männerkirche,
und die Frauen gehören nicht zu ihr. Ich meine, wenn der Papst
seinen Satz mal umgedreht hätte und gesagt hätte: "Die
Kirche sagt Dank für alle Männer", dann wäre
ihm doch wohl der Unsinn aufgefallen, daß jetzt die Männer
sich bei Gott für sich selbst bedanken. Nur bei den Frauen
fällt den Junggesellen überhaupt nichts mehr auf, weil
sie die Frauen schon längst aus ihrer klerokratischen Männerkirche
ausgeschlossen haben.
Ich
meine, selbst wenn der Papst sich bei den Frauen bedankt hätte,
wäre die Sache auch nicht besser. Das kommt mir dann so vor:
der gnädige Herr steigt in das Souterrain hinab und drückt
jedem Dienstmädchen dankend die Hand. Aber in die bel etage
nach oben kommen die Dienstmädchen weiterhin nur mit dem Staubsauger.
A propos Staubsauger: Da habe ich mich neulich mit meinem eigenen
Mann übers Staubsaugen gezankt. Er behauptete, er hätte
mir beim Staubsaugen geholfen. Ich sagte, ich hätte ihm beim
Staubsaugen geholfen. Darüber haben wir uns also gezankt. Wer
nämlich wem wobei hilft, das zeigt, was wessen Sache ist. Staubsaugen
ist anscheinend gottgewollte Frauensache.
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(8)
So, hier haben wir ein Blatt aus dem Spiegel: auf dem Photo sehen
Sie: Küßchen von Mann zu Mann, der Erzbischof von Canterbury
Runcie und der Papst. Die beiden stehen kurz vor ihrer Vereinigung.
Ich lese ihnen das mal vor:
In einer gemeinsamen Erklärung verpflichteten sich beide, ihre
getrennten Kirchen wieder zu vereinigen, betonten jedoch zugleich,
dies erscheine gegenwärig unmöglich, da in der Anglikanischen
Kirche Frauen zu Priestern geweiht würden...
Vor einiger Zeit in Berlin reichte mir jemand hier den Berliner
Tagesspiegel hoch: "Anglikanische Pfarrer richten einen Kampffonds
gegen Frauenordination ein. Der Kirche von England droht die Spaltung."
Also, da sind jetzt offenbar einige Frauen in das Getriebe geraten
und stören in der Männervereinigung.
(9)
Vor
einiger Zeit sah ich ein Fernsehporträt des Kardinals von Berlin,
Georg Sterzinsky. Es ging um die Frage, warum die katholische Kirche
in der DDR so regimeangepaßt wirkte, während evangelische
Theologen eine eigene Meinung riskierten. Der Kardinal bestritt
das natürlich.
Irgendwie
in diesem Zusammenhang brachte dann der Kardinal eine allgemeine
Überlegung über das Selbständigwerden des Menschen.
Er sagte: Ein Junge wiederholt bis er ca. 10 Jahre alt ist nur das,
was seine Mutter ihm sagt. Später aber schämt er sich,
die Worte seiner Mutter zu wiederholen. Nun wird er selbständig.
Merke
1): Der Kardinal sagt: ein J u n g e schämt sich. Ein Mädchen
schämt sich offenbar nicht so, es wird ja sicher selber wieder
eine Mutter, bei der später wieder der Junge sich schämt
zu wiederholen, was sie sagt.
Merke 2): Der Junge schämt sich über die Worte der M u
t t e r, nicht über die Worte des Vaters. Im Gegenteil, der
Kardinal will sagen: wenn er ca. 10 Jahre alt ist, wiederholt der
Junge nicht mehr, was die liebe Mutter ihm sagt, sondern nur noch
das, was der heilige Vater ihm sagt, wie Kardinal Sterzinsky das
ja auch immer tut, denn nun ist er selbständig.
Männer sind eben klüger als Frauen. Übrigens, der
größte katholische Theologe, Thomas von Aquin, hat damit
das Verbot der Ehescheidung begründet: Der Hauptgrund für
das Verbot der Ehescheidung ist, daß Frauen zwar zum Gebären,
aber nicht zum Erziehen der Kinder in der Lage sind. Sie hätten
nämlich weniger Verstand und weniger Tugend als die Männer,
meint er.
Die beiden Herren stehen mit ihrer Meinung nicht allein, sondern
bringen uraltes Gedankengut. "Muttersohn" - "Vatertochter",
die Worte sind jedem geläufig. Muttersohn klingt negativ, Vatertochter
klingt positiv. Vatertochter bedeutet: intelligent, kompetent, tüchtig.
Muttersohn, das bedeutet: infantil, unselbständig, neurotisch.
Das liegt nicht am Sohn oder an der Tochter, das liegt an der Mutter.
Hinter der Minderwertigkeit des Muttersohnes steckt nichts anderes
als die Minderwertigkeit der Frau in dieser unserer christlich-abendländischen
Kultur. Neulich las ich in unserer Westdeutschen Allgemeinen Zeitung:
"Wenn das Jucken unerträglich wird. Allergien usw."
Der letzte Satz lautete: "Kinder, die an dieser lästigen
Hautkrankheit leiden, haben in der Regel zur Überbehütung
neigende Mütter." Und in einer Spiegel-Nummer fand ich
in einem Artikel über Triebtäter die Bildunterschrift:
"Mutterbindung oder Hirnschaden?" (Nr. 31, 1990). Na klar
doch, eins von beiden.
Die Mütter sind es, denen man von der Hautkrankheit und Unselbständigkeit
und mangelnden Demokratie in der DDR bis zur sexuellen Kriminalität
alles in die Schuhe schieben kann.
Mein
Kollege Drewermann sieht sogar einen Zusammenhang zwischen der homosexuellen
Entwicklung eines Jungen und dem "Fürsorgeterror"
seitens der Mutter. Ja, was so alles passieren kann, wenn eine Mutter
auch erzieht, Mütter sollten sich auf das Gebären beschränken.
(10)
Übrigens,
in diesem Apostolischen Schreiben über die Würde der Frau
übersetzt der Papst die Hauptstelle über die Ehe im Neuen
Tesament (Epheser 5) statt mit "Ehemann" und "Ehefrau"
mit "Bräutigam" und "Braut" (Bräutigam
soll heißen: Ehe noch nicht vollzogen). Johannes Paul II.
spricht vom "Begriff des Bräutigams im Epheserbrief".
Nachdem
ich 86 Mal (in Worten: sechsundachtzig Mal) Bräutigam und Braut
statt Mann und Frau gelesen hatte, stürzte ich die Treppe runter
(wenn man sein ganzes Leben lang Vorlesungen über das Neue
Testament gehalten hat, bis mir der Lehrstuhl wegen der Jungfrau
Maria weggenommen wurde, dann ist solch eine Fehlübersetung
ein richtiger Schock), ich stürzte also die Treppe runter und
sagte zu meinem Mann, zu meinem Bräutigam: stell dir vor, der
Past übersetzt Epheser 5 mit Bräutigam und Braut. Sagt
mein Bräutigam: vielleicht hat er eine polnische Übersetzung
zugrunde gelegt, wo die Worte Bräutigam und Braut keuscher
klingen, mehr nach Marien- und Josefsehe.
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(11)
5 bis
10 minütiges Glockenläuten unterbrechen den Vortrag, Dann
ging es, als wieder Ruhe einkehrte, weiter.
Ich habe inzwischen einen Zettel gefunden, den ich heute morgen
beschrieb: "Das Y-Chromosom ist ein Krüppel, der Mann
dem Untergang geweiht". Das las ich heute morgen im Spiegel
vom 15. September 2003, Seite 150 in einer Überschrift. Ich
dachte, wenigstens sind die Frauen endlich aus der Schußlinie.
Das ist nämlich so. Der Lieblingsheilige unseres Papstes, der
hl. Albertus Magnus, dessentwegen der Papst erstmalig nach Deutschland
kam, nämlich November 1980, um den Todestag des Heiligen in
Köln November 1280 zu feiern, Albertus Magnus also lehrte:
Die Frauen sind eine Mißbildung der Natur, sie entstehen bei
feuchten Südwinden und anderen Widrigkeiten. Wegen ihres höheren
Wassergehalts können sie nicht treu sein. Die Frau ist ein
mißglückter Mann (mas occasionatus)...
(12)
Aber
wir waren ja vor dem Glockenläuten stehengeblieben dabei, daß
mein Mann sagte: Vielleicht hat der Papst eine polnische Übersetzung
zugrunde gelegt. Damit jetzt kein Pole sich beleidigt fühlt:
Mein Mann (ich möchte hier einen Satz über meinen Mann
einfügen. Mein Mann ist an jenem Unglückstag, dem 11.
September 2001, gestorben. Seit meinem 17. Lebensjahr waren wir
beide unzertrennlich, und auch der Tod konnte uns beide nicht scheiden.
Er wird nie mehr zu mir kommen, aber ich werde zu ihm kommen), also
mein Mann kann sich solche Scherze erlauben, seine Eltern kommen
nämlich aus Polen. Meine Schwiegermutter ist die Schwester
von der Mutter des Primas von Polen.
Also,
ich erkläre Ihnen das mal langsam: mein Mann und der Primas
Kardinal Josef Glemp haben jeder eine Mutter, Mütter darf man
ja haben, nur bei Vätern kriegt man Ärger. Ich jedenfalls,
als ich gesagt habe, Josef ist der Vater Jesu.
Das
erinnert mich an etwas: Jemand kam ins Kloster Maria Laach und fragte
einen Mönch: War Ihr Herr Vater auch Mönch? Dann verbesserte
er sich: Ach, stimmt ja. Mönche haben ja keinen Vater.
Also, mein Mann und Kardinal Josef Glemp haben je eine Mutter, und
die sind zwei Schwestern. Mein Mann und Josef Glemp sind also Vettern,
oder wie das Time Magazin schrieb: "Ihr Mann ist der erste
Cousin eines Primaten" (First cousin of a primate). Seitdem,
wenn ich mit meinem Mann Streit habe (über Staubsaugen), sage
ich: Du bist eben der Vetter eines Primaten - laut Time Magazine.
Bei uns herrscht die reinste Vetternwirtschaft. Wenn mein Sohn Andreas
nach Warschau fährt, übernachtet er bei Onkel Juju im
erzbischöflichen Palais. Und in Berlin haben wir - vorläufig
noch - meinen Neffen, Bundespräsident Johannes Rau. Aber wie
das zusammenhhängt, erkläre ich Ihnen nächstes Mal.
Heute reden wir ja nur von Kardinälen.
Glemp ist also mein angeheirateter Vetter. Ich muß mich mal
erkundigen, ob jemand, der selbst nicht heiraten darf, a n jemand
angeheiratet sein darf, und dann noch ausgerechnet an mich. Bevor
wir da etwas falsch machen, sagen wir also vorläufig besser:
ich bin mehr an ihn angeheiratet als er an mich.
Übrigens, weil ich ja so geschockt war, daß der Papst
den Epheserbrief falsch übersetzt, habe ich einen Brief an
die Deutsche Bischofskonferenz geschrieben:
23.10.90. Sehr geehrte Herren Bischöfe,
sie haben in ihrer übersetzung des apostolischen schreibens
"mulieris dignitatem" vom 30.9.88 den irrtum des papstes
bezüglich des Epheserbriefs getreu ins deutsche übertragen.
Kap. 25 gegen ende übersetzen sie: .."was der Epheserbrief
mit dem begriff "bräutigam" ausdrückt"
(notionem sponsi).
Im gesamten Epheserbrief kommt der begriff "bräutigam"
(sponsus) nicht ein einziges mal vor. Es entsteht der eindruck,
daß dem papst eine polnische übersetzung des Neuen Testaments
zugrunde gelegen haben könnte, der die worte "ehemann"
und "ehefrau" (vir - uxor in der Vulgata) zu unzüchtig
erschienen, die worte "bräutigam" und "braut"
keuscher, enthaltsamer, jungfräulicher, mehr nach Josefs- bzw.
Marienehe.
Hochachtungsvoll
19.11.90
bekomme ich ein Schreiben des Sekretärs der Deutschen Bischofskonferenz:
Sehr geehrte Frau Professorin,
...so ist Ihnen ohne weiteres Recht zu geben, daß im Epheserbrief
der Begriff "sponsus", bzw. "nymphios" nicht
vorkommt. So ist im Text des Apostolischen Schreibens eine Ungenauigkeit
zu konstatieren...
...danke ich Ihnen für den Hinweis, mit dem Sie philologisch
sicher recht haben.
Mit freundlichen Grüßen
Prälat Wilhelm Schätzler
Daraufhin
schrieb ich an den Sektretär der Deutschen Bischofskonferenz
am 23.10.90:
Sehr geehrter herr Prälat Schätzler,
ich möchte mich sehr herzlich bedanken dafür, daß
sie mir auf meinen kratzigen brief so freundlich geantwortet haben.
Ich war wirklich gerührt. Daß männer frauen gegenüber
etwas zugeben, passiert so selten.
Mit herzlichen grüßen
Das
war also eine Fehlbare gegen einen Unfehlbaren.
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(13)
Neuer
Weltkatechismus von 1992 nr. 510: Maria ist Jungfrau geblieben,
als sie ihren Sohn an ihrer Brust nährte.
(14)
Bei
den Ehepaaren sucht der Papst zu retten, was noch zu retten ist,
um die Beschädigung der Jungfräulichkeit in Grenzen zu
halten. Es gehört in den Bereich der Tiefenpsychologie, warum
sich gerade zölibatäre Päpste besonders mit Sexualfragen,
speziell mit ehelichen Schlafzimmern befassen. Und es gehört
in den Bereich der Kuriositäten, welches Ehebild sie haben.
Voll Lob und Zustimmung zitiert Johannes Paul II. in seinem Apostolischen
Schreiben "Familiaris consortio" aus der Pillenenzyklika
Paul VI. Er schreibt: "Als Früchte bringt die eheliche
Enthaltsamkeit in das Leben der Familie Frieden und Glück und
erleichtert die Lösung der übrigen Probleme. Die Eltern
werden durch sie (die Enthaltsamkeit) fähig, einen noch tieferen
und wirksameren Einfluß auf die Erziehung der Kinder zu nehmen...."
So geht das noch eine Weile weiter. Kurz, wir haben schon begriffen:
die Enthaltsamkeit der Eheleute bringt für Vater und Mutter
und Kinder (und indirekt sicher auch für Großvater und
Großmutter) alles, was man sich nur wünschen kann. Sie
löst alle Ehe-, Erziehungs- und was sonst noch an Lebensproblemen.
Nur,
leider leuchtet außer Päpsten und Kardinälen kaum
jemandem ein, daß mit der periodischen Enthaltsamkeit die
Dinge bestens laufen und umgekehrt mit Verhütungsmitteln die
Familienverhältnisse dem Ruin entgegensteuern.
Also,
ich will hier nichts für die Pille sagen, noch gegen die Pille.
Vielleicht macht die Pille dick und schwermütig. Neulich habe
ich beim Augenarzt gehört, man verliert seine Kontaktlinsen.
Da war eine Patientin, die sagte: "Kann das sein, daß
das von der Pille ist? Die fallen mir immer raus." Und die
Sprechstundenhilfe meinte: "Ja, vielleicht, weil die Augen
dann austrocknen." Also, ich will hier weder für noch
gegen die Pille reden, vielleicht macht die Pille dick und schwermütig
und man verliert dauernd die Kontaktlinsen. Das weiß ich nicht.
Aber der Papst weiß das auch nicht. Ich will weder für
Kondome noch gegen Kondome, weder für Coitus interruptus noch
gegen Coitus interruptus reden, ich behaupte nur, das geht den Papst
alles überhaupt nichts an. Die Zeiten, wo man den obersten
Priester als den obersten Medizinmann befragte, sind vorbei. Die
Leute haben sich heute spezialisiert. Und ich meine, es ist nach
2000 Jahren endlich an der Zeit, daß der eheliche Akt aus
der voyeurhaften Anteilnahme der Junggesellen wieder in die Kompetenz
der Eheleute zurückverlegt wird.
(15)
Vor
einiger Zeit las ich in der Zeitschrift "Emma" von Alice
Schwarzer: "Sie ist katholisch geworden, um ihren Vater zu
ärgern". Ich schrieb darauf an Emma: "Was auch immer
die Gründe für meine Konversion waren, der Grund, meinen
Vater zu ärgern, war nicht dabei.
Ein
anderes Mal las ich: "Der alte Heinemann hat seine gräßliche
Tochter da reingeschoben, um den ganzen Laden hochgehen zu lassen."
Das ist natürlich auch Unsinn.
Schluß
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Papst
und Bischöfe sprechen immer vom christlichen Menschenbild".
Sie meinen das katholische Menschenbild. Und das zerfällt in
2 Teile: das katholische Männerbild und das katholische Frauenbild.
Die einen haben die Ämter und das Sagen in der Kirche, die
anderen das Gehorchen und das Schweigen in der Kirche. Alle Hirten
sind Männer, und alle Frauen sind Schafe. Solange diese innerkirchliche
Apartheidspolitik herrscht, sollte das Wort "christliches Menschenbild"
in der katholischen Kirche vermieden werden.
Quellen
für diese Blütenlese: Eunuchen für das Himmelreich,
Katholiche Kirche und Sexualität, Heyne- Taschenbuch 2003.
Für die Sätze über meinen Mann: Nein und Amen, Mein
Abschied vom traditionellen Christentum, dort letztes Kapitel: Eine
Blume auf das Grab meines Mannes, Heyne-Taschenbuch 2003.
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