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CHURCH
OF FEAR'S »3. Int. Pfahlsitzen« in Frankfurt a.M.
"Es ist möglich, weil ich daran glaube"
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Lesen
Sie einen Augenzeugenbericht aus 3 Metern Höhe.
Von Thomas Stefan Herpich, Pfahl Nr. 7
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Die Leute fragen mich: Warum sitzen Sie hier? Was soll das Ganze
hier eigentlich?
Jeden Tag kommen neue Antworten. Heute bin an dem Punkt angelangt,
dass ich mich über mich wundere. Am Sonntagabend konnte ich
mir überhaupt nicht vorstellen, 5 Tage lang auf diesem Pfahl
zu sitzen. Am Montagabend hieß es die erste lange Nacht durchsitzen.
Am Dienstagnacht stieg ich für einige Stunden herab, da mir
der Trubel auf den Magen schlug. Nach der Auszeit ging's mir wieder
besser. Gestern war ich auf meinem Tiefpunkt, so angreifbar, müde
und erschöpft. Meine Füße waren geschwollen und
dick und schmerzten und mein Hals und Rücken starr geworden.
Die emotionalen Wortschlachten zeigten Frustration und Aggressivität!
Doch wenigstens tauschten sich die unterschiedlichsten Lager einmal
aus, sprachen miteinander, überwanden die Barrieren, die sonst
in Frankfurt herrschen.
Die harschen Worte drangen körperlich in mich ein. Mein Kopf
dröhnte. Es schien so, als müsste ich herabsteigen. Ich
rege mich innerlich über dieses Gezeter auf, dass die unterdrückten
Gemüter einmal explodieren; es wird hin und her geschrieen.
Auf mich, uns Verwundete nimmt in diesem Moment keiner Rücksicht.
Ich bin durchsichtig, meine Augen im Spiegel der Toilette verschwommen.
Doch wie geht es den anderen Unterdrückten in anderen Ländern:
Deswegen sitze ich auch hier, einmal für mich und für
andere zu sitzen: ein kleiner Akt der Solidarität. Was mir
auffällt in allen Diskussionen, die um mich herum geschehen
und vorn am Forum: Frustration, Unzufriedenheit... Die anderen Schuld,
die faulen Arbeitslosen, die Regierung, das Arbeitsamt, die Punker,
die Unwilligen, die Banken... wir.
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Samstag,
14.20 Uhr: Nach 113 Stunden und 3 Minuten verlässt Thomas
Stefan Herpich seinen Pfahl Nr. 7 |
Weitere Frankfurt-Berichte... hier
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Alle
Teilnehmer/Innen machen andere für ihre eigene Misere verantwortlich.
Klar irgendwann haben wir das Programm gut einstudiert. Die Macht
an andere abzugeben, anstatt selbst die Verantwortung für uns
zu übernehmen und gut für uns zu sorgen. Doch Vorwürfe
und anderen die Schuld zu geben, ist einfacher.
Die
Installation hier auf dem Platz pulsiert, zieht die Menschen an,
strahlt Lebendigkeit aus, hier darf plötzlich im offenen Raum
geschehen. Revolutionär: Dass die verschiedenen Schichten zusammentreffen
und miteinander sprechen. Das ist neu. Nachts werden die schlafenden
Punks von Bankern bestaunt.
Die Höhe des Baumes trennt mich von denen da unten, doch unsere
Gespräche sind tiefer als sonst. Denn neugierig bestaunt stellen
die Leute plötzlich Fragen, angeregt durch die Besonderheit
des Ortes. Dieser Ort hält nämlich unsichtbare Fragen
bereit, die offene Menschen aufgreifen.
Der Wind weht lau über mein Haar hinweg. Zeuge eines erhöhten
Bewusstseins sitze ich wie eine lebende Säule hier, die an
den Terror erinnert, an die Schwachen, mein Beitrag, um das Unfassbare
fassbar zu machen, Das was anfangs unvorstellbar erscheint vorstellbarer
zu machen, denn vieles ist möglich, was außerhalb unserer
Vorstellung liegt. Es ist möglich, weil ich daran glaube.
Also
ich sitze hier, weil ich erlebe, wie das Unvorstellbare vorstellbar
wird, das Unmögliche unmöglich versuchte -
Ich sitze hier, weil ich erlebe, wie das Unvorstellbare vorstellbar
wird, das Unmögliche unmöglich.
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