Nang Qi Gong nach dem Abbruch des COF Zweiten Internationalen
Pfahlsitzwettbewerbs
C. Schlingensief diskutiert mit Pfahlsitzer Gong
Die letzten Kilometer per Bahn: Schlingensief und örtliche
COF-Mitglieder nach Ende der SEELENWANDERUNG
Rana Bahadur Singh aus Panchakatiya vor den Überresten seines
Hauses. Es wurde von verfeindeten Maoisten und Dorfpolizisten
zerstört. Rana verlor seine Frau und zwei Kinder.
Ein junges Mädchen und ein junger Buddhist auf den Straßen
Bhaktapurs
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CHURCH
of FEAR´s PROZESSION - DIE SEELENWANDERUNG
Pokhara - Kathmandu, 31.07. - 05.08.03
CHURCH
of FEAR´s ZWEITER INTERNATIONALER PFAHLSITZWETTBEWERB
Kathmandu,
Nepal, 05.-18.8.03
ZWISCHENBERICHT
01
Nang
Qi Gong frühzeitig ausgeschieden !
Pfahlsitzen unterbrochen !
Nach nur einem Tag und einer Nacht ist der 18-jährige
Nang Qi Gong aus dem Pfahlsitzwettbewerb der CHURCH
of FEAR in Kathmandu ausgeschieden. Er habe die Anstrengungen
des Pfahlsitzens unterschätzt, sagte Gong einem von der COF
bereit gestellten Dolmetscher, nachdem er seinen Pfahl verlassen hatte.
Er führte seine Erschöpfung vor allem darauf zurück, daß er als einziger
aller Pfahlsitzer an der gesamten SEELENWANDERUNG
teilgenommen hat, die im Vorfeld des Wettbewerbs stattfand. Nang Qi
Gong zeigte sich enttäuscht. Noch am Vormittag war sein Vater, Nang
Luong, aus dem nahe gelegenen Mulpani nach Tripureswar gekommen, um
das älteste seiner fünf Kinder zu unterstützen. Das tatsächliche Ausmaß
dieser eigentlich lapidaren Zwischenmeldung vom ZWEITEN
INTERNATIONALEN PFAHLSITZWETTBEWERB offenbarte sich den
Organisatoren erst im weiteren Verlauf dieses Tages.
Nang Luong ist seit knapp acht Jahren arbeitslos, seine Kinder allesamt
ohne jegliche Schulbildung. Seine Ehefrau ist aufgrund einer durch
Cholera verursachten Lähmung ans Bett gefesselt. Sie hatte es sich
jedoch nicht nehmen lassen, Luong eine Grußbotschaft an ihren Sohn
mit auf den Weg zu geben, in der sie ihren Stolz auf die Teilnahme
Gongs zum Ausdruck bringt. Gong ist Zeitungsverkäufer in Kathmandu
und als solcher die einzige Einnahmequelle seiner Familie. Über die
Thematik der nepalesischen COF-Veranstaltung
hinaus sah er seine Wettbewerbsteilnahme wohl auch als eine geeignete
Gelegenheit, scheinbar einfach an den in Aussicht gestellten Geldgewinn
in Höhe von 1500,- Rupien zu gelangen.
Das Schicksal der Familie Nang ist nach jetzigem Kenntnisstand ein
Paradebeispiel für die allumfassende Korruption, die auch den Himalayastaat
längst erfaßt hat. Noch bitterer daran ist, daß dieser nicht länger
hinnehmbare Mißstand aus Geldern westlicher Entwicklungshilfe gefördert
wird!
An der uns beschämenden Mittellosigkeit der Familie Nang hat unter
anderem offenbar auch die deutsche Entwicklungshilfe in Nepal maßgeblichen
Anteil. Vor etwa 8 Jahren finanzierten die Deutschen ein Müllprojekt
für das Kathmandutal. Es wurden Müllautos angeschafft und die vorhandene
Mülldeponie in Mulpani entsprechend erweitert. Um die Zustimmung der
Bevölkerung für die Mülldeponie zu erlangen wurden ihnen mehr als
300 Arbeitsplätze in und um die Deponie zugesagt. Unter den potentiellen
Arbeitnehmern sollte auch Gongs Vater Luong sein. Im Endeffekt wurden
dann aber nicht einmal 12 Arbeitsplätze geschaffen. Enttäuschte Einwohner
blockierten und blockieren noch immer die Deponie oder demonstrieren
an deren Einfahrt. Zu den allzeit anwesenden Demonstranten gehören
auch drei Brüder Gongs. Um die Müllentsorgung dennoch zu sichern kommt
immer wieder die Polizei und räumt das von den Protestlern besetzte
Areal gewaltsam.
Stellvertretend für die CHURCH OF FEAR
sprach Gemeindemitglied Christoph Schlingensief am Nachmittag im Länderbüro
des Deutschen Entwicklungsdienstes in Kathmandu vor, konnte aber aus
"Termingründen" nicht empfangen werden. Insgesamt sieben Versuche
telefonischer Kontaktaufnahme scheiterten. Schlingensief: "Der Wettbewerb
der COF hat durch die Geschichte
von Nang Qi Gong eine ganz neue Dimension erhalten. Mit dem Anliegen
der COF liegen wir hier nicht falsch, wir sind aber auch nicht weit
genug gegangen. Das wird sich jetzt ändern!"
Am Abend informierte Schlingensief die sechs verbliebenen Pfahlsitzer
über sein Vorhaben, das ZWEITE INTERNATIONALE
PFAHLSITZEN aus Protest gegen den "mit deutschen Geldern
verstopften Korruptionssumpf in Kathmandu" zu unterbrechen und im
nahe gelegenen Bhaktapur fortzusetzen. Schlingensief: "Herr Nang ist
ein Beispiel für abertausende von Menschen, die hier fernab unserer
westlichen Vorstellung ihr Dasein fristen. Sie leben zwischen Ratten,
Schweinen, Tierkadavern und ungeklärten Abwässern. Dabei stinkt die
gottverdammte Vetternwirtschaft hier mehr als diese ganze Scheiße
zusammen, die hier in den verschlammten Straßen liegt. Deutsche Unternehmen
tun entweder nichts oder sie bestechen die Lokalpolitiker, um nach
außen hin Engagement vorzutäuschen - und die deutsche Entwicklungshilfe
hier macht beides."
Mit dem morgigen Tag startet die CHURCH OF
FEAR einen alternativen Pfahlsitzwettbewerb in Bhaktapur,
der im Zeichen des ANGSTBEFREITEN KAMPFES
gegen die soziale Ungerechtigkeit in Nepal und für die Menschen in
diesem ungewöhnlichen Land stehen soll.
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