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CHURCH of FEAR´s PROZESSION - DIE SEELENWANDERUNG

Pokhara - Kathmandu, 31.07. - 05.08.03

CHURCH of FEARīs ZWEITER INTERNATIONALER PFAHLSITZWETTBEWERB

Kathmandu, Nepal, 05.08. - 18.8.03

Trotz Einschüchterungsversuchen wird die COF Mahnwache fortgesetzt

 

COF-Protestkundgebung auf dem Marktplatz von Mulpani wird von Polizei und Militär aufgelöst

 

COF-Neumitglied Madame Rosé kämpft für die Rechte Homo- und Transsexueller in Nepal

 

Schlingensief mit dem ehrwürdigen Layma, der das RITUAL DÄMONENAUSTREIBUNG leitet

 

Der neu gewählte Vorsitzende der PPN, Mister Soleng Bhattarai (rechts)

 

Schlingensief mit Kindern von Deponiearbeitern

 

Teilweise schockierende Verhältnisse in den Strassen Bhaktapurs

 

COF-Aktivist Schlingensief besucht eine heilige Stätte in Svayambhu / Patan

Der COF bleibt ob den Geschehnissen in Nepal weniger Zeit für die Schönheiten des Landes als erhofft. Der Besuch der Heiligen Stätte in Svayambhu / Patan aber gehört auch für Gemeindemitglied Schlingensief zum Pflichtprogramm. Hauptheiligtum des Tempels ist eine Figur des Buddha Shakyamuni, die jedoch nicht fotografiert werden darf. In der Mitte des quadratischen Klosterhofes steht ein vergoldeter Schrein, der den Svayambhu-Chaitya enthält. Wie so oft in Nepal gibt es auch hierzu eine interessante Geschichte: In Patan gab es einen Teich, dessen Wasserspiegel immer gleich blieb. Im Zentrum des Sees war ein Stupa mit dem Svayambhu-Chaity. Eine Ratte mit goldenem Fell, die hier badete, verehrte den Chaitya. Als nun der Tempel errichtet wurde war die Ratte Hiranyaka Namensgeberin für den Tempel. Dort, so wurde verfügt, durften folglich auch keine Ratten getötet werden. Von der Bevölkerung wurde der Tempel bald schon "Rattentempel" genannt. Das Verbot, Ratten zu töten oder auch nur aus dem Tempel zu jagen, gilt noch heute und so sehen auch die COF-Mitglieder, wenn sie genau hinschauen, zahlreiche Ratten, die zwischen all den Schnitzereien und Figuren hin und her jagen. Hier gilt ausnahmsweise: "Keine Angst!" - die Ratten bleiben im Dunkel der Anlage verborgen.

ZWISCHENBERICHT 04

Bericht vom Mittwoch, 13. August 2003
NEUE FOTOS mit Unterstützung der

COF-VAIRAYGINI GEGEN MACHTMISSBRAUCH UND UNTERDRÜCKUNG


+++ RITUAL der COF am Montag gestartet: Geisteraustreibung in Mulpani +++ "Auf dem Weg der Liebe die Dämonen des Hasses zerstören" +++ Mahnwache trotzt Einschüchterungsversuchen fortgesetzt +++ PPN wählt neuen Vorsitzenden: Soleng Bhattarai (43) +++ Hungerstreik beendet, COF stellt ärztliche Versorgung der 4 Hungerstreikenden sicher +++ Protestkundgebung in Mulpani von Polizei und Militär aufgelöst +++ Deponiearbeiter verhaftet und verhört +++ Schlingensief: "Nervenkostüm in Fetzen" +++ Minderheitenrechtlerin schließt sich Protestbewegung an +++ Redaktionsräume der Himalaya Post durchsucht +++ Chefredakteur und Bhattarai fordern Auflösung des Stadtrats +++ Deponiechef seit Dienstag verschwunden +++ Nach deutschem nun dänischer Entwicklungsdienst im Kritikzentrum +++ Bürgermeister von Bhaktapur: "Die Menschen wollen Frieden" +++


Das von der CHURCH of FEAR unter Federführung von Gemeindemitglied Christoph Schlingensief initiierte RITUAL - DÄMONENAUSTREIBUNG, das am vergangenen Montagmorgen unter großer Anteilnahme der Bevölkerung begann, hat die Wogen in und um die nepalesische Hauptstadt Kathmandu nur vorübergehend geglättet. Nachdem am Donnerstag der ZWEITE INTERNATIONALE PFAHLSITZWETTBEWERB aus Protest gegen verbrecherische Machenschaften nepalesischer Lokalpolitik sowie deutscher Entwicklungshilfe abgebrochen und auf ein alternatives Protestsitzen verzichtet worden war, haben die verschiedenen Kräfte ihre Anstrengungen verstärkt gebündelt und zu einem einwöchigen Fest aufgerufen. Der anwesenden COF-Mannschaft hat sich nach demonstrierenden Arbeitslosen, unzufriedenen Müllarbeitern und politisch verfolgten Mitgliedern der PPN nun auch Malong Lottifay angeschlossen. Frau Lottifay, in Nepal bekannt unter dem Namen Madame Rosé, ist seit Jahren das prägnanteste Aushängeschild einer namenlosen Vereinigung, die sich für die Rechte Homo- und Transsexueller einsetzt. Schlagzeilen machte die gebürtige Thailänderin, die sich 1986 einer Geschlechtsumwandlung unterzog, im Juni 2001, als sie im Flughafen Bangkok Ankömmlingen aus Frankfurt am Main und London Präservative zum Stückpreis von eintausend Dollar anbot, um auf die Ausbeutung von Minderjährigen und Transsexuellen durch die Sextourismusindustrie aufmerksam zu machen.

Neben einem der Gründungsmitglieder der CHURCH of FEAR, das am Sonntagabend in Kathmandu eingetroffen war, Schlingensief, dem erst in der Nacht auf Montag neu gewählten Vorsitzenden der PPN, dem 43-jährigen Soleng Bhatarai, und einem Sprecher der streikenden Belegschaft der Mülldeponie Mulpani, ergriff auch Madame Rosé das Wort und sprach von der "Brise der Befreiung", die über das Land ziehe. Der ehemalige Lehrer Bhatarai, rief in seiner Rede dazu auf, die Kraft der Bewegung auch dazu zu nutzen, über den Tellerrand der eigenen Bestrebungen hinauszuschauen: "Es ist unsere Pflicht, die Stimme auch für die zu erheben, die hier keine Stimme haben oder die vor lauter Verzweiflung lang schon verstummt sind; die Obdachlosen, die Prostitutierten, die Kindersoldaten und Drogenabhängigen..." Der ehemalige Pfahlsitzer Nang Qi Gong, der unter den Demonstrierenden schon den Status eines Nationalhelden einnimmt, eröffnete anschließend das RITUAL. Schlingensief erklärte, daß die Beschwörung guter Geister und die Bitte um ihren Beistand im Kampf gegen den Alltagsterror im Zentrum der mindestens siebentägigen DÄMONENAUSTREIBUNG stehe. Stellvertretend für die rund 1100 Versammelten, Hoffenden, begrüßte er den angesehenen Schamanen Layma Noma, der die Eröffnungszeremonie vornahm. Layma wurde bereits mit neun Jahren in der Bergwelt Nepals von den Urahnen der Schamanen berufen und in das Heilwissen eingeweiht. Er wuchs in einem abgelegenen Dorf der Tamang auf, die zur tibetischen Sprachgruppe gehören. Nach der weiteren Ausbildung gemäß seiner Stammenstradition begann er mit 13 Jahren zu praktizieren. Er ist mittlerweile geschätzte 50 Jahre alt, lebt als angesehener Schamane in Kathmandu. Dort arbeitet er ehrenamtlich im Universitätskrankenhaus, denkt ob der Vorkommnisse der letzten Tage aber laut über einen Umzug nach. Darüber hinaus ist die CHURCH of FEAR stolz, den ehrwürdigen Layma als neues COF-Mitglied begrüßen zu dürfen.

Im Schneidersitz leicht nach vorne gebeugt, sitzt Layma Noma in einem Kreis aus COF-Aktivisten und Protestlern, die Aufmerksamkeit nach innen gelenkt. Schweißperlen im dunkel gegerbten Gesicht, schlägt Layma die Trommel, deren Rhythmus sich intensiviert, während er alte Hymnen singt - bedeutungsschwere Melodien aus einer fernen, freudigen, verloren geglaubten Zeit. Er ruft die Kräfte dieser Erde, die das Geschick der Menschen bestimmen. Laut und lauter singend, bittet er um ihre Hilfe, bittet um ihren Segen. Nun ist auch das unruhige Gemurmel der Versammelten in huldvolle Stille umgeschlagen.
In Trance folgt jeder der RITUAL-Teilnehmer seinen eigenen Bildern, sieht durch sie hindurch die Tradition der Meister. Brigitte Loosen, Pfahlsitzerin und bekennende Zeugin Jehovas, versuchte ihre erste, kaum nachvollziehbare Tranceerfahrung in Worte zu fassen: "Ich sah mich zuerst noch auf meinem Pfahl sitzen. Dann hörte ich Musik und durch die Musik hindurch Bonjankri zu mir sprechen, während mein Körper vibrierte und durch unendlichen Raum geworfen wurde. Layma kündigte sich mir an. Er flüsterte mir zu, er sei auf einer Seelenreise zu mir und lud mich ein, mit ihm auf Reisen zu gehen. Es sei nicht nötig, keine Angst zu haben, sondern ich sollte gerade zu meiner Angst vor dem Unbekannten stehen. Ohne das Infomaterial, das uns die CHURCH of FEAR vorher gegeben hat, wäre ich wahrscheinlich durchgedreht." Und weiter: "Ich überließ mich ganz dem Ritual, den Rhythmen der Trommel und den Mantren Indras, und plötzlich spürte ich eine innere Kraft, die mich trieb. Ich war außer mir und hatte die Kontrolle aufgegeben, aber ohne davor Angst zu haben. Da war ein unzähmbarer Drang, mich mit meinem inneren Feuer zu verbinden und griff in die Flamme vor meinem inneren Auge."
Auch Schlingensief nahm an der Zeremonie teil: "CHURCH of FEAR und Schamanismus sind eng miteinander verbunden, denn beide appellieren an die heilende Kraft des Ich. Wer schamanisch arbeitet, der muß damit rechnen, daß ihm so manches zufällt. Vom totalen Glückszustand bis zum ganz persönlichen Terroranschlag ist dann alles möglich. Mir wurde bei der Beschäftigung mit dem nepalesischen Schamanismus klar, daß er auf universalen Gesetzmäßigkeiten der menschlichen Psyche beruht und daher für mein Selbstverständnis als machender, aber auch scheiternder Mensch eine praktische Relevanz besitzt. Wenn man am Ende des Rituals gemeinsam mit dem Schamanen wieder erwacht, hat man das Gefühl, eine ganz individuelle und trotzdem kollektive Erfahrung gemacht zu haben."

Schamane Layma Noma: "Der tiefe Eindruck, den schamanische Rituale beim Teilnehmer hinterlassen, beruht auf ihrer Unmittelbarkeit und Ganzheitlichkeit, die alle Ebenen des Menschen ergreift, sowie ihren kosmischen Bezug. Die besonderen Voraussetzungen des COF-RITUALS, das wir hier durchführen, setzt dann auch noch ganz bestimmte Energien frei - Angstenergie, die Euphorie des Neuanfangs... In diesem Ritual habe ich mich ausdrücklich an die Vayraiginis gewandt, himmlische weibliche Erscheinungsformen Buddhas. Sie offenbarten sich dem Gelehrten Mahasiddha Naropa in einer Vision, um ihm zu helfen, Hindernisse auf seinem Weg zur Erleuchtung zu beseitigen. Für uns sind sie Göttinnen des höchsten Yoga-Tantra, die das Kathmandutal in ihren verschiedenen Tempeln bewachen. Auf dem Weg der Liebe die Dämonen des Hasses zerstören, das ist unser gemeinsames Ziel."

Anders als erwartet, ließ sich die bereits zu Beginn des RITUALS zahlreich vertretene Polizei nicht von der gelösten, teilweise feierlichen Stimmung der Zusammenkunft anstecken. So sorgten insbesondere Spruchbänder, die auf das Mülldeponieproblem hinwiesen und Unterstützung für die Mahnwache verlangten, für ein zunehmend angespanntes Klima. Die Mahnwache vor den Deponietoren ging unterdes weiter. 16 streikende Arbeiter und 4 Demonstranten setzten ihren lautlosen Protest gegen die ungehaltenen Versprechen der Lokalpolitik und der internationalen Entwicklungshilfe fort. COF-Mitarbeiter "begleiten" sie Tag und Nacht bei ihrer Aktion, die angesichts der ohnehin schon kargen Lebensbedingungen nochmal soviel Disziplin erfordert. "Eines hat uns die Church of Fear gelehrt, nämlich daß wir uns unserer Furcht stellen. Wir haben nichts mehr zu verlieren, Angst ist unser einziges Eigentum." Sich diese nicht nehmen zu lassen, fällt schwer. Polizisten observieren die Mahnwache und drohen den Protestlern im Vorbeigehen mit Gewalt - gegen sie und gegen ihre Familien. Eine sich anbahnende Handgreiflichkeit zwischen Arbeitern und bewaffneten Polizisten konnte durch das beherzte Eingreifen einer einheimischen COF-Aktivistin vermieden werden.
Turbulentere Szenen hingegen am Ort des Hungerstreiks. Noch während Schlingensief und der COF-Mitbegründer die Hungernden zum Ende des Streiks bewegen und sie zur Teilnahme am RITUAL einladen wollen, macht die Nachricht vom Verschwinden des Deponiebetreibers die Runde. Ein hungerstreikendes PPN-Mitglied und drei weitere Arbeiter verlieren daraufhin die Nerven und attackieren vor Schlingensiefs Augen einen Polizisten. Sie werden von weiteren Staatsschützern überwältigt und wider Schlingensiefs Bitten in Gewahrsam genommen: "Ich habe hier unglaubliche Bilder gesehen und frage mich, was hinter der nächsten Ecke lauert. Die COF ist hier super aktiv, dennoch weinen sich manche von uns in den Schlaf, weil sie die Hilflosigkeit erdrückt. Nervenkostüme liegen in Fetzen im Schlamm."

Die Verhaftungen vom Dienstag hatten am Mittwoch eine Großkundgebung auf dem Marktplatz von Mulpani zur Folge, zu der Schlingensief und die COF-Mannschaft mittels Flugblättern aufgerufen haben. Stellvertretend für die alle Mitarbeiter sagt Pfahlsitzer Ludger Thönnies: "Daß der Akku absolut leer ist, ist egal. Gerade wir müssen jetzt alle Kräfte mobilisieren, denn wir sind nächste Woche wieder weg. Die Leute hier aber kämpfen um ihre Existenz. Ich mache in Duisburg kein Auge mehr zu, wenn ich nicht wenigstens das Gefühl habe, alles gegeben zu haben." Nachdem sich mehr als 1700 Demonstrierende auf dem Hauptplatz der kathmandischen Vorstadt versammelt haben, kommt der anwesenden Polizei das Militär zu Hilfe und räumt binnen Minuten den Platz. "Nur die Besonnenheit der Menschen, die für nichts anderes als ihre Grundrechte eintreten, hat heute eine Massenpanik verhindert. Die Staatsgewalt hat die Kontrolle längst verloren, die die Staatsmacht mit diktatorischen Mitteln für sich beansprucht." Dennoch kam es zu Übergriffen und mindestens fünf Festnahmen.
Derweil liegt der CHURCH of FEAR ein Dossier zu eklatanten Verfehlungen des dänischen Entwicklungsdienstes in Nepal vor. Diesem werden nicht nur enge Verbindungen zum deutschen Pendant, sondern auch zur Geheimen Inlandspolizei nachgesagt. Die ob ihrer Lebensleichtigkeit allseits beliebten Dänen stellen in Sachen Vetternwirtschaft und Unterschlagung sogar ihre deutschen Kollegen in den Schatten. Sie paßten sich dem hiesigen Korruptionssystem nahtlos an; sie brachten ihm sogar bei, wie man die hierzulande bis dato unbekannte Mehrwertsteuer zum eigenen Vorteil einführt. Über zwei Jahre bauten dänische Beamte eine Finanzbehörde zur Registration von Unternehmen auf - und zum Abkassieren einer 10-prozentigen Mehrwertsteuer. Die Dänen lehrten die einheimischen Behördenbanditen, wie man aus ärmsten Menschen - Bauern, Händlern - noch Steuergelder heraus preßt, versäumten es im Gegenzug aber leider, den schon derart Betrogenen ihre eigenen Steuerrechte zu erklären. Steuereinnahmen finden keinerlei soziale Verwendung. So gibt es eine Seite die zahlt, und eine Seite die einnimmt, vor allem unter der Hand. Ein gieriges Pack aus nepalesischen und westlich "zivilisierten" Schreibtischtätern behält alles, was es in die Finger kriegt ! Ihnen gilt weiterhin die besondere Aufmerksamkeit der COF-Arbeit in Nepal.
Da die Polizei von Kathmandu die Informanten der COF offenbar in den Reihen der Himalaya Post vermuteten, wurden noch am Mittwochabend Redaktionsräume der zweitgrößten Tageszeitung Nepals durchsucht - erfolgos.

 

DIE CHURCH of FEAR KÄMPFT WEITER !!!

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