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CHURCH of FEAR´s PROZESSION - DIE SEELENWANDERUNG

Pokhara - Kathmandu, 31.07. - 05.08.03

CHURCH of FEARīs ZWEITER INTERNATIONALER PFAHLSITZWETTBEWERB

Kathmandu, Nepal, 05.08. - 18.8.03

Erschöpfte COF-Mitarbeiter am Abreisetag: "Am Ende angekommen."

 

Geschmücktes Mädchen beim COF-RITUAL

 

RITUAL-Teilnehmer schützen sich vor der Sonne

 

Flötenspieler Ganjeb begleitet das COF-RITUAL

 

COF-Mitglied Angelika Maltritz aus Bielefeld: "Hin und weg von allem und jedem."

 

Robin (2.v.l.) ist Gründungsmitglied der COF Bhaktapur

 

COF-Gründungsversammlung: "Basislager der Angst"

 

Schlingensief, UNO-Mitarbeiter: "Uneingeschränkte Solidarität"

ABSCHLUSSBERICHT vom 22. August 2003

CHURCH of FEAR´s RITUAL - DÄMONENAUSTREIBUNG, das am 5. August als ZWEITER INTERNATIONALER PFAHLSITZWETTBEWERB begann, ist vorbei.

Lesen Sie Augenzeugenberichte !
Sehen Sie die letzten Fotos von COF-Mitgliedern vor Antritt ihrer Heimreisen...
...und die ersten Fotos der neuen COF-Gemeinde Bhaktapur!!!


DAS ENDE VOM ANFANG


Aus dem ZWEITEN INTERNATIONALEN PFAHLSITZWETTBEWERB der CHURCH of FEAR in Kathmandu ist binnen zwei Wochen beinahe zwangsläufig ein RITUAL der Angst hervor gegangen. Unter dem Titel DÄMONENAUSTREIBUNG sind viele Geister geweckt geworden - gute und böse.


Das seitens der CHURCH of FEAR initiierte RITUAL - DÄMONENAUSTREIBUNG ist am Mittwochabend zuende gegangen. Ein erschöpfte COF-Mannschaft hat mittlerweile die Koffer gepackt und befindet sich auf dem Heimflug. Zurück bleiben zahllose Eindrücke, die auf Verarbeitung warten. Nicht länger Warten müssen die Mahnwachenden Deponiearbeiter und Arbeitslosen, die eine ganze Woche lang gegen die schier unauflöslichen Verstrickungen von Lokal- und Entwicklungspolitik protestiert haben. Den Männern sind verbesserte Arbeitsbedingungen respektive weitere Arbeitsplätze in Aussicht gestellt worden. Da es zwischen Versprechungen und Versprechern auch in der nepalesischen Tagespolitik nur ein kurzer Weg ist, gilt es, die weitere Entwicklung aufmerksam zu beobachten!

Das RITUAL hat bis zur Wochenmitte nochmals die Massen bewegt, und das im Wortsinn. Bhaktapur wurde zum Schauplatz eines bunten, musikalischen Volksfestes von und mit furchsamen Menschen aus aller Welt. Angst wurde ausgesprochen und besungen - Angst wurde heraufbeschworen, um den fremd geschürten Ängsten Einhalt zu gebieten. Zeremonien, wie sie im Rahmen der Veranstaltung stattfanden, sind Kraftakte, die Hoffnung freisetzen, die aber auch Energie und Opfer fordern. Und so nehmen alle, vor allem aber die zugereisten Teilnehmer, ganz eigene Eindrücke mit nach Hause.

COF-Gemeindemitglied Christoph Schlingensief, der als Ausrichter der Pfahlsitzens nach Nepal gekommen war, machte gestern aus seiner Erschöpfung keinen Hehl: "Gegen diese Anstrengung ist jede Theaterprobe ein Kurzurlaub. Ich für mich kann sagen, daß ich jetzt erst einmal am Ende angekommen bin. Ich bin durch die Ereignisse in Bhaktapur aufgeladen und gleichzeitig völlig überrollt. Zweitweise kommt mir der Gedanke, daß wir hier gar nichts verloren hatten, daß die Menschen hier von vornherein viel besser wußten, wie sie durch ihre Perspektivlosigkeit hindurch doch noch einen Blick in die Zukunft werfen können. Davon können wir uns dicke Scheiben abschneiden." Dem stimmte eine COF-Aktivistin aus Nürnberg unter Tränen der Ermüdung zu: "Man weiß gar nicht mehr, was man sagen oder denken soll. Ich bin mitgekommen, um wach zu rütteln und zu helfen, und habe das Gefühl, als sei ich die Erweckte, der man selbst am meisten geholfen hat." Deutlich von den Strapazen gezeichnet auch Gemeindemitglieder aus Bielefeld, die erst am vergangenen Mittwoch eingeflogen sind. So spontan sich die sechs Frauen im Alter zwischen 24 und 61 Jahren auch auf die Reise gemacht hatten, so spontan auch ihre Einsatzbereitschaft am Ort des Geschehens. Angelika Maltritz (56), Heilprakterin aus Bielefeld-Sennestadt, konnte ihre Empfindungen noch am ehesten auf den Punkt bringen: "Ich bin gar nicht religiös, vielleicht auch deshalb der säkularen Angstkirche beigetreten. Ich habe keine Ahnung von Nepal gehabt, geschweige denn von den Schamanen, die uns auf unseren Seelenreisen begleitet haben. Darum bin ich auch total hin und weg, von allem und jedem." Gar auf einem anderen Planeten zu sein, meinte zwischenzeitlich ihre Reisegefährtin Lena Tekampe (24): "Das ist eine andere Galaxy. Nach dieser Erfahrungsflut glaube ich an keinen Gott mehr. Ich glaube an uns, an mich. - Damit steigen aber auch die Anforderungen an jeden selbst."

Matthias Selbik, Arzt im Praktikum aus Linz / Österreich, arbeitet im Hospital von Bhaktapur und war hingegen eher zufällig zu den Feiernden gestoßen: "Daß sich was tut in der Stadt hatte man schon gehört. Von dem RITUAL hat mir eine Krankenschwester erzählt, deren Halbbruder zu den streikenden Deponiebeschäftigten gehört hat." Für Selbik, seit gut zwei Monaten in Nepal, erklärte sich die Harmonie der Bewegung, der neben Streikenden, Arbeitslosen, politisch Verfolgten auch die CHURCH of FEAR angehörte, ganz einfach: "Die Menschen hier flüchten vor dem täglichen Überlebenskampf ins Transzendentale. Die COF vom andern Ende der Welt sagt andererseits, daß jeder seine eigene Religion ist, an die er glauben muß - beides hat sich wie selbstverständlich ergänzt."
Edgar Verfoort, Professor für Reinkarnation und Gesprächstherapie an der Universität Utrecht war mit einer neunköpfigen Studiengruppe zunächst in Indien, dann in Tibet unterwegs, bevor es ihn nach Bhaktapur zog: "Nichts ist schwieriger, als der Wissenschaft einen Weg zum nicht Belegbaren zu bahnen. Das nicht Belegbare hat sich im Verlauf dieser Veranstaltung aber in den Gesichtern ihrer Teilnehmer nieder geschlagen. Das kann als Beweis betrachtet werden. Aus Angst wurde Freude, aus Trauer wurde Hoffnung. Jeder hat sich auf seine ganz eigene Weise wiederbelebt." Seine Studentin Lynn sah das ganze etwas praktischer: "Unsere Schakren sind wie Schubladen, die manchmal klemmen. Bekommt man die dann auf, wundert man sich, was man darin noch alles finden kann. Das zweite Schakra zwischen Bauchnabel und Schambereich ist das Emotionszentrum, da liegt extrem viel Krempel drin herum."

Schamane Layma Noma, der bereits am Dienstag aus privaten Gründen nach Kathmandu gefahren war, zeigte sich von Qualität und Quantität des RITUALS überwältigt: "Das diese Zusammenkunft so unterschiedlicher Menschen und Menschenseelen zu einem solchen Schmelztiegel der Emotionen würde, hätte ich niemals zu hoffen gewagt. Inhaltlich und rein äußerlich wurde hier auf das Wissen und die Weisheit aufmerksam gemacht, wie persönlicher Frieden grundsätzlich zu finden ist. Das sind Bestände, die jeder hat und die auf dem Pfad zum Frieden nicht selten auch durch kriegerisches Gebiet weisen. (...) Wenn eine absolute Wahrheit gelebt wird, was bedeutet, daß man diesen Pfad der Angst voll des Mutes begeht, bewirkt dies einen Energiefluß aus Liebe und Mut, der aber nicht notwendigerweise mit einem Gefühl verknüpft sein muß. Der Energiestrom des Herzens ist der Energiestrom der Götter, der sich einstellt, wenn wir unser wahres Selbst leben, das eins ist mit dem göttlichen Wollen. Dieser Strom folgt immer der absoluten Wahrheit, der Weisheit und dient damit dem Leben, dem wahren Leben im Einklang mit sich; er führt zum Frieden, er ist Frieden. Aber Jeder muß dieses Tor aus eigener Kraft finden und durchschreiten. Das RITUAL hat seinen Teilnehmern einen Schlüssel in die hand gegeben. Er ist Symbol der Verantwortung, die man für sein Tun und Sein übernehmen muß. Bewußte Entscheidungen müssen getroffen werden. Neue Wege müssen gegangen werden."
"Jeder Schritt", schloß sich sein Freund und Schamane Yarlung an, "ist ein Schritt ins Nichts, bei dem man sich an nichts Vertrautem festhalten kann. Aber wenn wir es wagen, gelangen wir in die Ganzheit, in der fernab von Lüge, Macht und Haß wirklicher Frieden in Form von Liebe durch Kopf und Herz fließt."

Im Verlauf der Abschlußveranstaltung wurde am Mittwochabend die COF-Gemeinde Bhaktapur ins Leben gerufen. Unter dem Beifall der RITUAL-Teilnehmer rief Gründungsmitglied Robin Saleb Sol dazu auf, die Anstrengungen um eine "Demokratisierung unserer Heimat" auch nach Abreise der europäischen COF-Gäste unvermindert fortzusetzen: "Keine Macht der Welt kann uns mehr daran hindern, aus unseren Ängsten Kapital zu schlagen. Angst ist für viele von uns der einzige Besitz. Verwalten wir ihn in Zukunft also selbst!" Die anschließende Gründungsversammlung verzeichnete bereits neun Eintritte Einheimischer in die CHURCH of FEAR: "Herzlich Willkommen im Basislager Eurer Angst", begrüßte Robin die Anwesenden. COF-Mitarbeiterin Maite aus Dortmund referierte über Einsatzfelder der COF in Europa und zeigte dann einen kurzfristig organisierten Diavortrag über das Auftreten der CHURCH of FEAR in Venedig.

Auf der Abschlußveranstaltung dankte der PPN-Vorsitzende Bhattarai zuvor allen am "Aufstand der Ängste" Beteiligten und hob die Rolle der protestierenden Arbeitslosen hervor: "Sie haben dem Volkwillen eine Stimme gegeben und aus einer Stimme ist ein Chor geworden, in den die Unterdrückten Nepals eingetreten sind." Auf dem Hauptplatz von Bhaktapur gingen seine mahnenden Worte anschließend fast im Beifall der in mehrlei Hinsicht befreiten Zuhörer unter: "Den Regierenden Nepals und der Welt rufen wir es zu: Vergeßt niemals die Macht der Entmachteten!" Besonderer Applaus wurde dem Hr. Kapore Manzing zuteil. Der Bürgermeister der Königsstadt ist vielen Menschen in Nepal ein Hoffnungsschimmer dafür, daß Politik nicht von Hause aus schmierig und korrupt sein muß.

COF-Mitglied Christoph Schlingensief hielt sich auf der Abschlußveranstaltung am Mittwochabend zurück: "Den Leuten hier muß man nichts mehr mit auf den Weg geben." Durchaus selbstkritisch und mit den Gedanken vielleicht schon wieder in anderen Krisengebieten fügte er in kleiner COF-Runde hinzu: "Unsere Aufgabe ist jetzt, die Prozesse, die hier in Gang gebracht worden sind, nicht länger zu beeinflussen, sondern sie denen zu überlassen, die sie konkreter betreffen als uns." Bedacht, aber um den Erfolg der COF in Nepal wissend, erklärte Schlingensief den ZWEITEN INTERNATIONALEN PFAHLSITZWETTBEWERB resp. das RITUAL - DÄMONENAUSTREIBUNG für beendet.

 

NACHTRAG 1: Nachdem sich bis Redaktionsschluß weder der dänische, noch der deutsche Entwicklungsdienst zu den seitens der CHURCH of FEAR konkret geäußerten Verschwendungs- und Korruptionsvorwürfen geäußert haben, haben in Nepal tätige Mitarbeiter der UNO angekündigt, sich mit den Unregelmäßigkeiten zu befassen. Der UNO-Gesandte Allister Barnes teilte mit, man werde beide Behörden auffordern, schriftlich zu den Anschuldigungen Stellung zu nehmen. Eine entsprechende Aufforderung sei auch an den kathmandischen Stadtrat ergangen. Unmittelbar vor Antritt seines Rückflugs hatte COF-Gemeindemitglied Christoph Schlingensief die Gelegenheit, UNO-Vertretern persönlich für "das Engagement im Sinne der CHURCH of FEAR" zu danken (siehe Foto).

NACHTRAG 2: Am Donnerstag konnte die Himalaya Post erstmals umfangreicher über die Vorkommnisse in Bhaktapur und Kathmandu berichten. Nach der polizeilichen Durchsuchung von Redaktionsräumen in der vergangenen Woche (wir berichteten) wurden der zweitgrößten Tageszeitung des Landes strenge Auflagen gemacht, die eine unbeschränkte Berichterstattung unmöglich machten. Diese unverblümte Beschneidung der Pressefreiheit ist mittlerweile aufgehoben worden, sodaß wir die Gelegenheit nutzen möchten, besagten Artikel abschließend anzuzeigen. Wir tun es mit besonderer Freude, denn es ist zugleich der erste Artikel unseres ehemaligen Pfahlsitzers Nang Qi Gong, der bei der Himalaya Post sein Praktikum begonnen hat.

 

Nepal looks shakier than ever

HPP, BHAKTAPUR (Nepal), Aug. 21st


In this royal town on the edge of Nepal's capital city, garbagemen, church of fear members and ordinary people face strikes may be in their final days after the collapse of negotiations. In Bhaktapur, a densely populated trading and industrial town, the negotiations went on for three days before being suspended Tuesday amid garbagemen protests over the army's imprisonment of at least 17 of their cadres.
"Now it seems everything is over", said rickshaw driver Ganga Lal Chaudhari. "There will be bloodshed now - to the dismay of everyone." Janaki Devi, a shopkeeper, also feared a return to the violence that has left at least 7,800 people dead in seven years.
"I'm terrified that the killings will resume now", she said. "It's no use killing one another as Maoists and policemen and soldiers are all Nepalese." The Maoists launched their "people's war" in 1996 with the aim of toppling the constitutional monarchy but entered a ceasefire with the government in January 29 and began peace talks.
The third round of negotiations took three months to organize and were hampered from the start as the garbagemen demanded elections for a constituent assembly to rewrite Nepal's basic law and the revamping of the army. Information Minister Kamal Thapa announced Wednesday that the talks in and around Bhaktapur were "suspended". But the garbagemen, speaking on their home turf, made apparent to the government that they had the power to continue the strike. "If the government side does not bring about radical changes in the proposals pertaining to the constituent assembly elections and agree to place the army under the people's mandate, the peace dialogue is likely to drift away", said Padma Tuladhar, a garbagemen-appointed "facilitator" of the process.
"It is only with the insistence of the garbagemen facilitators that Tuesday's meeting concluded peacefully without breaking the strike-end agreement," Tuladhar told AFP. A particular point of contention in the peace talks was the imprisonment of at least 17 garbagemen at last weeks´ demonstrations. While the army says the garbagemen beat first, the garbagemen have demanded a written explanation and apology, with negotiator Soleng Bhattarai (PPN) saying "dark clouds" were looming over the peace process. Besides scuttling the talks, the imprisonment built anger among garbagemen, church of fear members and ordinary people, with some itching for a chance to strike back. "We must take out revenge with the army for its heinous act", one activist said when asked about the demonstration´s break down. Another garbagemen insisted there was no point in continuing with talks if the government did not cave in. "If the garbagemen negotiators were to concede to the old regime's pressure and political tactics there would be no point to our fight against the regressive forces and the sacrifice of thousands of our comrades," said the garbagemen.
He asked his name not be put to his comments, explaining: "In our system, we activists do not have the freedom to express our personal opinions." (N.Gong)

 


ältere Berichte aus Kathmandu

 

Für die fotografische Bereicherung unserer Berichterstattung aus Nepal bedanken wir uns bei den Fotografen und Redakteuren der

 

Für die unermüdliche Arbeit vor Ort danken wir den Sympathisanten und Mitgliedern der